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AutorenbildMarc von Weissenfluh

Preis-Dumping und die daraus entstehenden wirtschaftlichen Folgen - Ein paar Gedanken zum Jahrzahlwechsel

Warum?

2023 - Das Jahr ist schnell zusammengefasst; "ach du S.......!"


Angefangen hat sie ja hervorragend, die Saison 2023. Nach zwei Jahren Corona-Pause endlich wieder eine Motorradmesse. Das erste Motofestival in Bern war ein voller Erfolg. So glaubten wir auf jeden Fall, damals im Februar 23.


Zum ersten mal waren wir als MMD mit eigenem Stand an einer grossen Messe und wir wurden förmlich überrannt an unserem kleinen Stand. Zeitweise waren so viele Besucher bei uns, dass wir uns gar nicht mehr um alle kümmern konnten. Der Andrang war riesig. Der Saisonstart geglückt!


Die Resonanz in den nachfolgenden Wochen des Motofestival stimmte uns euphorisch und wir waren guter Dinge eine erfolgreiche Saison erleben zu können. Doch dies sollte sich bald ändern.

Im Juni waren unsere Verkaufszahlen schon deutlich unter dem Monatsdurchschnitt vergangener Jahre, aber noch machten wir uns keine Sorgen und merkten noch nicht, was sich im Markt gerade abspielte.


Doch dann; in den Hochsaison-Monaten Juni und Juli verliess kein einziges Klim Teil unseren Laden - 100% rückläufige Verkaufszahlen! Was ist da los? Haben wir ein Wirtschafts-News-Memo verpasst?

Die Antwort war schnell gefunden. Gossdiscounter in der EU verkaufen Klim sozusagen zum Ankaufspreis. Schön für den Endkunden - sehr schlecht für uns! Wir wurden gezwungen, die Preise für Klim zu reduzieren, da wir nun anfangen mussten, um unser Überleben zu kämpfen. Es reichte gerade die Fixkosten zu decken und laufende Rechnungen zu begleichen. Verdienst null.


Doch warum? Ging es doch allen Klim Händlern gleich; Die Ware kam zu spät in der Saison, Herbst statt Frühling, viele Kunden wollten ihre Bestellungen demnach verständlicherweise auch nicht mehr, was bedeutet dass alle Händler mit einem viel zu hohen Lagerbestand überwintern mussten.

Klim kommt ja nicht jeden Frühling mit neuen Modellen. Sie haben im Schnitt einen 4-Jahres Turnus, wo die Modelle erneuert werden. Somit sind die Sachen nächsten Frühling immer noch genau so aktuell wie jetzt.

Aber die Grossdiscounter in der EU scheren sich einen Dreck um Nachhaltigkeit. Hauptsache Cashflow. So verscherbeln die nun den Mercedes zum Preis eines Fiat. Und so wie es aussieht, wird dies die nächsten Jahre so weiter gehen. Gut für den Endkunden, schlecht für den Detailhandel. Mit Kriega und Enduristan treiben die übrigens grad das gleiche Spiel. Ich habe bereits einen Betrag zu dem Thema verfasst.


Nebst dem praktischen Stillstand der Verkäufe in unserem Laden, kamen dann gesundheitliche Probleme meinerseits dazu. Im ganzen zweiten Halbjahr 4 Monate ausser Gefecht - Wochen im Spital, an den Rollstuhl gefesselt. Patrik und mein Sohn kümmerten sich in der Zeit so gut es eben ging um den Laden und die noch verbleibende Kundschaft.

Danke Euch beiden an der Stelle, für Eure Arbeit und ein riesiges Dankeschön an unsere treuen Kunden. Ihr seit die Besten!


Zusammengefasst können wir sagen, dass wir die Kosten für die Messe in Bern hatten und die EU-Discounter das Geschäft gemacht haben. Was wiederum die Folge hat, dass wir noch immer auf einem viel zu hohen Lagerbestand sitzen und wir uns nun Gedanken machen, wie weiter. Denn Fakt ist, dass zahlreiche Besucher sich bei uns haben beraten lassen, um dann am Abend daheim im Internet in Deutschland zu bestellen. Das nennt dies freie Marktwirtschaft...


Das Meeting mit Klim neulich und Gespräche mit Geschäftsfreunden, Wirtschaftsexperten und anderen Händlern lässt ebenfalls nicht gerade Hoffnung auf ein baldiges Ende der Discounter-Machenschaften aufflackern.


Ich persönlich bin froh, dass die Saison 2023 endlich durch ist.


2024 - Doch was bedeutet dies für die Saison 2024 für MMD und unsere Kunden?


Wir zerbrechen uns wirklich nonstop den Kopf darüber, wie es weiter geht.


Ein erster Schritt ist der Klim selbst unternahm, ist der Ablauf von Garantiefällen was die Wasserdichtheit bei deren Anzüge betrifft: Dies geschieht nun direkt über Gore-Tex und wird nicht mehr über Klim, bzw. deren Händler abgewickelt. Gore-Tex verlangt, dass der Endkunde dies nun selber und direkt mit ihnen bewerksteligt.

Wir sind alles andere als glücklich über die Entwicklung, aber da sind uns die Hände gebunden und können nichts daran ändern. Uns ist bewusst, dass die Marke Klim und MMD so bereits den ersten massiven Schaden genommen hat - Leider! Denn dies bedeutet, dass wir unseren Kunden nicht mehr unseren gewohnten Service Level bieten können. Den Discounter wird es wenig interessieren. Dieser begrüsst so eine Entwicklung sogar. Hat er so nun noch weniger Aufwand mit seinen Kunden.


Leider leider werden wir in Zukunft gezwungen sein, unseren Lagerbestand auf ein absolutes Minimum herunter zu fahren. "Back to the Roots" sozusagen. Zurück zu den Anfängen, wo wir die passenden Grössen eruiert und dann die entsprechende Farbe und Grösse für unseren Kunden bestellt haben.

Wir sind uns bewusst, dass die Entwicklung schlecht für die Beziehung zu unseren Endkunden ist, da dann eventuell Warten auf Ware ansteht und diese nicht gleich mehr direkt bei einem Besuch und Einkauf in unserem Laden mitgenommen werden kann. Das Discounter-Problem zwingt uns zu diesem Schritt, denn noch konkurrenzfähig zu sein, können uns Lager nicht mehr leisten.


Keine Öffnungszeiten mehr. Nur noch Termine nach Absprache. Dies wird wahrscheinlich ein weiterer Schritt sein, wo wir noch nicht schlüssig sind.


Tatsache ist, dass ich im Juni meine Abschlussprüfungen habe und ich Zeit für die Prüfungsvorbereitungen benötige. Warum also, soll ich meine Zeit an den Wochenenden opfern, um Beratungstouristen zu bedienen, welche dann im Internet bestellen? Warum soll ich Wochenende für Wochenende im Laden sitzen, um nur gerade mal die Fixkosten gedeckt zu bekommen, wenn überhaupt? Wir sind uns bewusst, dass dies gar nicht gut ist. Zeit ist aber unser kosbarstes Gut und wenn unsere Zeit nichts mehr Wert sein soll, dann müssen wir den zeitlichen Aufwand auf ein Minimum beschränken. Sorry.


Ein Gedanke war, mehr auf die Marke Stadler zu setzen. Doch leider vergibt Stadler nach wie vor das Gros ihrer Produktions-Kapazität an Touratech.

Was wiederum bedeutet, dass Stadler mit ihren eigenen Produkten Lieferengpässe und Verfügbarkeitsdefizite haben werden.

Das schöne an Stadler Motorrad Bekleidung ist, dass die nicht mit Discountern zusammen arbeiten und den Wert ihrer Marke so schützen. Trotzdem kommen die Discounter da in den Weg. Warum soll ein Endkunde den Stadler Preis bezahlen, wenn er mit Klim eine qualitativ und funktionell ebenbürtige Marke für deutlich weniger erwerben kann? Also scheint dies auch keine Lösung zu sein.


2024 wird sich ebenfalls zeigen, ob Kriega aus unserem Sortiment fällt. Der Grund für die Überlegung sind nicht nur die Discounter in der EU, sondern auch die Tatsache, dass uns Kriega Schweiz einen neuen Händler sozusagen vor die Nase gesetzt hat. Kunden aus dem erweiterten Seeland sind an dem einfach näher dran. Was sich mittel- und langfristig sicher in unseren Kriega-Verkaufszahlen bemerkbar machen wird. Wahrscheinlich werden wir auch da den Bestand und das Angebot auf ein Minimum schrumpfen lassen.


Wir werden wahrscheinlich das Red Mamut Sortiment erweitern. Denn für Red Mamut sind wir aktuell die einzigen Ansprechpartner in der Schweiz! Die Produkte sind qualitativ und funktionell sehr hochwertig und Red Mamut hat viele interessante Artikel.


Motoz Reifen werden mit grosser Wahrscheinlichkeit wieder bei uns zu haben sein. Wir arbeiten aktuell an einer Transportlösung, welche uns erlaubt, die Reifen zu einem vernünftigen Tarif in die Schweiz zu importieren. Wann wir wieder liefern können steht noch nicht ganz fest. Wir setzen aber alles daran, dass die Reifen im Frühjahr wieder bei uns verfügbar sein werden.


Summa Summarum müssen wir unseren Service, sprich unseren Zeitaufwand, unseren Lagerbestand und unser Angebot an Artikeln auf ein Minimum herunter fahren, um überleben zu können. Denn 2023 hat ganz deutlich gezeigt, dass Qualität und Service überhaupt nicht mehr gefragt ist, sondern nur noch "wo bekomme ich es günstiger?"

Die Entwicklung auf dem Markt zwingt uns zu diesen Schritten, aber eines ist klar, uns stinkt das gewaltig und geht uns gegen den Strich. Die Realität erlaubt uns leider keine Alternative.

Zu hohe Einkaufspreise und Importkosten in der Schweiz pressen uns an die Grenzen des Machbaren. Soll eine Badlands Jacke bei uns 1480 Franken kosten, während der Discounter in Deutschland diese für unter 1000 Franken verkauft.

Oder sollen wir unseren Premium Service mit den von den Herstellern empfohlenen Verkaufspreisen beibehalten, mit der damit verbundenen Garantie, dass wir gar nichts mehr verkaufen? Dann können wir gleich jetzt unsere Tür für immer von aussen abschliessen!

Leider haben gewisse Individuen noch nicht begriffen, dass eine Händlermarge dazu da ist, einen Ansporn für den Händler zu schaffen, gute Arbeit in Sachen Beratung, Unterstützung und Garantiefall-Abwicklung zu leisten und nicht um den Kunden Rabatte zu geben.


Natürlich haben wir Verständnis für vieles. Wäre ich nicht Händler, sondern Endkunde und möchte einen Badlands Anzug kaufen, dann würde mein Blick mit grosser Wahrscheinlichkeit auch über die Grenze zu gewissen EU-Händlern schweifen. Sind wir doch alle von der neuen Mehrwertsteuer und den damit verbundenen Mehrkosten durchs Band, höhere Krankenkassen Prämien, Mieten und und und betroffen. Die Löhne sind bei den meisten aber prozentual wohl nicht im gleichem Ausmass gestiegen...


Ich möchte einen Gedanken mit auf den Weg geben; ist eine Preisdifferenz von 100-150 Stutz es wirklich wert, keinen "lokalen" Ansprechpartner mehr zu haben und sämtliche Garantiefälle über ausländische Discounter abwickeln zu müssen? Denn genau dies wird passieren, wenn der kleine passionierte Händler, welcher voller Leidenschaft für sein Geschäft, seine Produkte, Marken und Kunden sich die Servelat und die Scheibe Brot nicht mehr leisten und somit sein Geschäft zu machen kann.

Und das liebe Leute, kann mit Klim ganz schnell passieren, denn in der Schweiz gibt es gerade mal 4 offizielle und aktive Händler! Wenn die nicht mehr verkaufen können, weil man lieber beim EU-Discounter bestellt, dann gibt es plötzlich und ganz schnell keinen mehr in der Schweiz. Und bei den aktuell gegebenen Voraussetzungen wird sich auch kein neuer Händler für die Marke begeistern lassen - Auf jeden Fall nicht wenn er rechnen kann!


In diesem Sinne, frohes neues Jahr.

3 Comments


Hallo Marc

Danke für Deinen Beitrag !

Wünsche allen ein gesundes und hoffe erfolgreiches 2024


Bin Anfangs Saison 2023 zu euch gestossen und mit Klim eingedreckt . Was ich nie bereuen werde!

Mir ist eine gute Beratung und das persönliche vor Ort viel wichtiger als auf günstigere Angebote einzugehen wo leider andere vorziehen.


Wünsche Euch weiter alles gute.

Bis auf bald mal

Lg Martin


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Replying to

Ja, es läuft sehr vieles falsch. Was aber im Zweirad-Bekleidungs-Markt draussen gerade passiert ist "selbstgemacht"! Niemand zwingt die Discounter ihren Lagerbestand zum Nulltarif zu verhöckern. Die angebotenen Waren, welche uns schaden, haben so ja kein Verfalldatum und bleiben garantiert noch ein weiteres Jahr aktuell. Sie schaden sich unterm Strich auch selber und vorallem den Marken. Aber ja nu. Es ist wie es ist. Wir hatten Anfang Jahr ein Meeting mit Klim. Leider kann Klim (und andere Hersteller) gemäss EU-Recht genau gar nichts gegen die Discounter Unternehmen. Leider. Machen wir das Beste draus und versuchen unser Bestes. Was anderes bleibt uns nicht. Ride safe und tausend Dank für Eure Treue.

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